Richtlinie des BMF vom 10.12.2020, 2020-0.806.882

124. Differenzbesteuerung im Binnenmarkt (Art. 24 UStG 1994)

124.1. Ausschluss der Differenzbesteuerung

4236Die Differenzbesteuerung ist auch bei Lieferungen vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet anzuwenden. Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen findet keine Anwendung. Es darf keine Rechnung mit einem Hinweis auf die Steuerfreiheit gelegt werden.

4237Für folgende Vorgänge ist die Anwendung der Differenzbesteuerung ausgeschlossen:

  • Die Lieferung und den Eigenverbrauch eines Gegenstandes, den der Wiederverkäufer innergemeinschaftlich erworben hat oder innergemeinschaftlich verbracht hat, wenn auf die Lieferung des Gegenstandes an den Wiederverkäufer oder das innergemeinschaftliche Verbringen die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen im übrigen Gemeinschaftsgebiet angewendet worden ist.

  • Die innergemeinschaftliche Lieferung neuer Fahrzeuge im Sinne des Art. 1 Abs. 8 und 9 UStG 1994. Siehe Rz 3667 bis Rz 3677.

Beispiel 1:

Der Kraftfahrzeughändler G in Graz veräußert ein KFZ an einen belgischen Privaten, der das Fahrzeug nach Belgien verbringt, um 32.000 Euro.

G hat das KFZ mit einem Kilometerstand von 5.000 km von einem Privaten um 26.000 Euro erworben.

Die Differenzbesteuerung kommt nicht zur Anwendung, da eine innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Kraftfahrzeuges vorliegt (Art. 24 Abs. 1 lit. b UStG 1994). Die Lieferung des G kann gemäß Art. 7 Abs. 1 Z 2 lit. c UStG 1994 steuerfrei sein.

Beispiel 2:

Angabe wie Beispiel 1.G hat aber ein 11 Monate altes KFZ mit einem Kilometerstand von 9.000 km von einem Privaten um 26.000 Euro erworben.

Die Differenzbesteuerung (5.000 Euro zuzüglich 20% USt) kommt zur Anwendung, da es sich nicht um eine neues KFZ handelt.

Abweichend davon kann die Differenzbesteuerung ab 1.1.2020 jedoch von einem Wiederverkäufer angewendet werden, wenn er Kunstgegenstände im Rahmen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung vom Urheber oder dessen Rechtsnachfolgern erwirbt (siehe EuGH 29.11.2018, Rs C-264/17, Harry Mensing).

Beispiel 3:

Der Kunsthändler K aus Wien erwirbt Kunstgegenstände vom Urheber F aus Frankreich und Kunstgegenstände vom Kunsthändler S aus Spanien. F und S behandeln ihre Lieferungen als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen an K. K versteuert die Anschaffungen als innergemeinschaftliche Erwerbe. K veräußert die Kunstgegenstände im Rahmen seines Unternehmens an private Abnehmer.

K kann die Differenzbesteuerung auf die Weiterlieferung der Kunstgegenstände, die er im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferung vom Kunsthändler S aus Spanien erworben hat, nicht anwenden ( Art. 24 Abs. 1 lit. a iVm § 24 Abs. 1 UStG 1994). Er kann aber die angefallene Erwerbsteuer als Vorsteuer - beim Vorliegen aller übrigen Voraussetzungen - abziehen.

Für die Weiterlieferung der Kunstgegenstände, die K innergemeinschaftlich vom Urheber F aus Frankreich erworben hat, ist die Differenzbesteuerung zulässig, wenn K die Erwerbsteuer nicht als Vorsteuer abzieht ( Art. 24 Abs. 1 lit. a letzter Satz iVm § 24 Abs. 2 UStG 1994).

Randzahlen 4238 bis 4245: derzeit frei.

124.2. Keine Erwerbsteuer bei Differenzbesteuerung

4246Wird bei einer Lieferung vom übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland die Differenzbesteuerung angewendet, so entfällt eine Erwerbsbesteuerung im Inland ( Art. 24 Abs. 2 UStG 1994). Die Weiterlieferung eines solchen im übrigen Gemeinschaftsgebiet differenzbesteuert angeschafften Gegenstandes im Inland unterliegt ebenfalls § 24 UStG 1994.

Randzahlen 4247 bis 4250: derzeit frei.

124.3. Ausschluss der innergemeinschaftlichen Versandhandelsregelung und der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen

4251Die Versandhandelsregelung ist bei Anwendung der Differenzbesteuerung ausgeschlossen ( Art. 24 Abs. 3 UStG 1994). Werden Gegenstände von einem Wiederverkäufer aus einem Mitgliedstaat zB an Nichtunternehmer in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet und erfolgt die Lieferung durch den Wiederverkäufer differenzbesteuert, so verlagert sich der Ort der Leistung nicht in den anderen Mitgliedstaat. Bei der Berechnung der Umsatzgrenze in Art. 3 Abs. 5 UStG 1994 (bis 30.6.2021: Lieferschwelle) sind Lieferungen, die unter Anwendung der Differenzbesteuerung getätigt werden, nicht zu beachten.

Werden bei Anwendung der Differenzbesteuerung Waren in einen anderen Mitgliedstaat geliefert, so ist die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen nicht anwendbar. In der Rechnung darf keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden und ist auf die Differenzbesteuerung hinzuweisen.

Unter der Voraussetzung, dass keine Besteuerung nach der Gesamtdifferenz vorgenommen wird, kann der Unternehmer bei jedem einzelnen Umsatz auf die Differenzbesteuerung verzichten und zur Anwendung der normalen Besteuerungsvorschriften optieren. In diesem Fall kann für eine innergemeinschaftliche Lieferung die Steuerbefreiung zur Anwendung gelangen.

Ein solcher Verzicht auf die Anwendung der Differenzbesteuerung wird durch eine Rechnungslegung im Sinne des Art. 11 UStG 1994 nach außen dokumentiert.

Randzahlen 4252 bis 4260: derzeit frei.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
10.12.2020
Betroffene Normen:
Art. 24 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 24 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 24 Abs. 1 lit. b UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 24 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 24 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 24 Abs. 1 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 24 Abs. 1 lit. a letzter Satz UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Schlagworte:
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Stammfassung:
09 4501/58-IV/9/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
VAAAA-76462