Richtlinie des BMF vom 12.02.2019, BMF-010206/0094-IV/9/2018

12. Entstehen der Gebührenschuld (§ 16 GebG)

458Allram in Bergmann/Pinetz (Hrsg), GebG Aufl. 2 (2020) § 16 GebG § 16 GebG regelt den Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld für ein beurkundetes Rechtsgeschäft (siehe dazu Rz 417 ff). Dieser Zeitpunkt ist ua. wichtig für die Anzeigepflicht sowie für die rechtzeitige Selbstberechnung von Gebühren.

459Vondrak, Nach § 32 Bilanzielle und steuerliche Behandlung von PatentenIn Anlehnung an das Zivilrecht unterscheidet das Gebührengesetz 1957 zwischen einseitig (siehe Rz 460) und zweiseitig (siehe Rz 461) verbindlichen Rechtsgeschäften.

460Bergmann/Wurm in Bergmann/Pinetz (Hrsg), GebG Aufl. 2 (2020) § 33 TP 7 GebGAllram in Bergmann/Pinetz (Hrsg), GebG Aufl. 2 (2020) § 16 GebGBei einseitig verbindlichen Rechtsgeschäften ist nur eine der beiden Parteien Gläubiger und nur eine Partei Schuldner. Von den in § 33 GebG angeführten Rechtsgeschäften sind einseitig verbindlich:

  • die Bürgschaftserklärung (siehe § 33 TP 7 GebG, Rz 727 ff)

  • die Hypothekarverschreibung (siehe § 33 TP 18 GebG, Rz 812 ff).

461Portele/Portele, Vergebührung von Mietverträgen (2023)Unter zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften versteht man Vereinbarungen, bei denen jeder der Vertragspartner sowohl verpflichtet als auch berechtigt wird.

Zweiseitig verbindliche Rechtsgeschäfte sind alle im § 33 GebG - mit Ausnahme der in Rz 460 - angeführten Rechtsgeschäfte.

Beispiel:

Ein Bestandvertrag ist ein zweiseitig verbindliches Rechtsgeschäft ist. Der Mieter wird berechtigt, eine bestimmte Wohnung zu nutzen, muss jedoch hiefür ein Entgelt entrichten. Der Vermieter hat die Verpflichtung übernommen, den Mieter in seinen Räumlichkeiten wohnen zu lassen, er ist jedoch berechtigt, hiefür ein Entgelt zu verlangen.

12.1. Entstehen der Gebührenschuld bei im Inland errichteten Urkunden

12.1.1. zweiseitig verbindliche Rechtsgeschäfte

462Allram in Bergmann/Pinetz (Hrsg), GebG Aufl. 2 (2020) § 16 GebGBei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften entsteht die Gebührenschuld, wenn die Urkunde von beiden Vertragsteilen unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Unterzeichnung.

463Unterzeichnung ist entweder die eigenhändige Unterschrift oder nach § 18 Abs. 1 GebG die Unterschrift, die vom Vertragsteil oder in seinem Auftrag oder mit seinem Einverständnis mechanisch oder in jeder anderen technisch möglichen Weise hergestellt oder mit Namenszeichnung vollzogen wird (siehe dazu Rz 512 ff).

464Allram in Bergmann/Pinetz (Hrsg), GebG Aufl. 2 (2020) § 16 GebGPortele/Portele, Vergebührung von Mietverträgen (2023)Unterschreiben die Vertragspartner eine rechtserzeugende Urkunde (siehe Rz 438) zu verschiedenen Zeitpunkten, so ist das in der Urkunde angeführte spätere Unterschriftsdatum für das Entstehen der Gebührenschuld maßgebend.

465Allram in Bergmann/Pinetz (Hrsg), GebG Aufl. 2 (2020) § 16 GebGAllram in Bergmann/Pinetz (Hrsg), GebG Aufl. 2 (2020) § 15 GebGWukovits in Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern (2023) § 16 GebGWaitz-Ramsauer, Die "Highlights" der Gebührenrichtlinien, SWK 9/2007 S. 372Portele/Portele, Vergebührung von Mietverträgen (2023)Wird bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften eine rechtsbezeugende Urkunde (siehe Rz 438) nur von einem Vertragspartner unterzeichnet, so entsteht die Gebührenschuld im Zeitpunkt der Aushändigung oder Übersendung der einseitig unterzeichneten Urkunde an den anderen Vertragspartner, dessen Vertreter oder an einen Dritten. Die Aushändigung an einen Dritten ist jedoch nur dann relevant, wenn sie zum Zwecke des Nachweises einer Vereinbarung übermittelt wird. Die Aushändigung an einen unbeteiligten Dritten lässt die Gebührenschuld nicht entstehen.

Beispiele:

Ein Vertragspartner übersendet die von ihm unterzeichnete Urkunde an seinen Schulfreund, mit der Bitte um rechtliche Beurteilung. Es entsteht keine Gebührenschuld.

Der Vertragspartner übergibt die von ihm einseitig unterzeichnete Urkunde an einen gemeinsam bestimmten Dritten zur Aufbewahrung. Die Gebührenschuld entsteht mit der Aushändigung.

12.1.2. einseitig verbindliche Rechtsgeschäfte

466Johann/Zeilinger, Gebührenpflicht durch Erfüllung der Nebenleistung aus der Zessionsurkunde im Inland, BFG journal 5/2018 S. 215Bei einseitig verbindlichen Rechtsgeschäften entsteht die Gebührenschuld im Zeitpunkt der Unterzeichnung durch beide Vertragspartner.

467Allram in Bergmann/Pinetz (Hrsg), GebG Aufl. 2 (2020) § 16 GebGAllram in Bergmann/Pinetz (Hrsg), GebG Aufl. 2 (2020) § 15 GebGWukovits in Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern (2023) § 16 GebGWird das Rechtsgeschäft nur vom Verpflichteten unterzeichnet, so entsteht die Gebührenschuld mit der Aushändigung der Schrift an den Berechtigten oder dessen Vertreter. Die Hinterlegung bei einem Dritten ist diesfalls noch keine Aushändigung.

468Allram in Bergmann/Pinetz (Hrsg), GebG Aufl. 2 (2020) § 16 GebGWukovits in Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern (2023) § 16 GebGWird die Urkunde nur vom Berechtigten unterzeichnet, so löst dies keine Gebührenschuld aus, weil die Schrift keinen Beweis über den Abschluss eines Rechtsgeschäftes macht.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
12.02.2019
Betroffene Normen:
§ 16 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Schlagworte:
Anzeigepflicht - Selbstberechnung - einseitig verbindliche Rechtsgeschäfte - zweiseitig verbindliche Rechtsgeschäfte - Bürgschaftserklärung - Hypothekarverschreibung - Urkunde - Unterzeichnung - Unterschrift - Namenszeichnung - rechtserzeugende Urkunde - rechtsbezeugende Urkunde - Aushändigung - Übersendung - Hinterlegung
Stammfassung:
BMF-010206/0094-IV/9/2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
SAAAA-76450