Richtlinie des BMF vom 31.03.2023, 2023-0.039.376
32 Einkünfte aus Anlass der Einräumung von Leitungsrechten (§ 107 EStG 1988)

32.5 Einbehaltung und Abfuhr, Anmeldung, Haftung

8207hSchuldner der Abzugsteuer ist der Empfänger der Einkünfte. Der Schuldner der Einkünfte ist zum Steuerabzug verpflichtet und haftet für die Entrichtung. Auch bei einem zugewendeten geldwerten Vorteil besteht die Verpflichtung des Infrastrukturbetreibers, die Abzugsteuer fristgerecht abzuführen. Er haftet in gleicher Weise für die Entrichtung wie im Fall der Zuwendung von Geld.

Die Abzugsteuer ist - analog zu § 95 Abs. 4 EStG 1988 hinsichtlich der Kapitalertragsteuer - dem Einkünfteempfänger vorzuschreiben, wenn

  • der Schuldner die geschuldeten Beträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat und die Haftung nicht oder nur erschwert durchsetzbar wäre ( § 107 Abs. 10 Z 1 EStG 1988) oder wenn

  • der Empfänger weiß, dass der Schuldner die einbehaltene Abzugsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat, und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt ( § 107 Abs. 10 Z 2 EStG 1988).

Die ausnahmsweise Vorschreibung der Abzugsteuer an den Empfänger der Einkünfte ( § 107 Abs. 10 EStG 1988) obliegt stets dem Finanzamt, das für die Erhebung der Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Empfängers der Einkünfte zuständig ist (vgl. ZustRL Rz 103).

8207iDer Abzugsverpflichtete hat die Abzugsteuer bei jeder Zahlung einzubehalten. Bei Teilzahlungen ist die Abzugsteuer bei jeder Teilzahlung einzubehalten. Es ist unerheblich, ob der Zahlung ein Vertrag oder eine zwangsweise Rechtseinräumung zu Grunde liegt.

Die in einem Kalenderjahr einbehaltenen Steuerbeträge sind in einem Gesamtbetrag spätestens am 15. Februar des Folgejahres an das Finanzamt des Abzugsverpflichteten abzuführen.

Bis 15. Februar des Folgejahres ist für alle Auszahlungen des Vorjahres eine elektronische Anmeldung über FinanzOnline zu übermitteln. Anzugeben sind die jeweiligen Einkünfteempfänger und der auf diese entfallende Steuerbetrag. Werden mehrere Zahlungen an denselben Empfänger geleistet, kann der Steuerbetrag für jede einzelne Zahlung getrennt oder für alle Zahlungen des Kalenderjahres zusammengefasst übermittelt werden.

8207jDer Einkünfteempfänger hat dem Abzugsverpflichteten für Zwecke der Anmeldung folgende Daten bekannt zu geben:

  • Vor- und Familienname, Firma bzw. sonstige Bezeichnung

  • Wohnsitz oder Sitz

  • Falls vorhanden: Abgabenkontonummer

  • Bei natürlichen Personen: Die Versicherungsnummer ( § 31 ASVG), wenn keine Abgabenkontonummer angegeben wird. Besteht keine Versicherungsnummer, ist das Geburtsdatum anzugeben.

8207kModalitäten für die Verpflichtung zum Einbehalt und der Abfuhr der Abzugsteuer sind in der Leitungsrechte-Datenübermittlungsverordnung - Leitungsrechte-DÜV, BGBl. II Nr. 321/2018, geregelt.

Der Abzugsverpflichtete hat in einer Anmeldung die Daten und den Steuerbetrag für jene Personen oder Einrichtungen zu übermitteln, gegenüber denen er zahlungsverpflichtet ist. Damit ist klargestellt, dass für das abzugsverpflichtete Unternehmen in Bezug auf die Anmeldung jene Person(en) oder sonstige Einrichtung(en) maßgeblich ist/sind, gegenüber der/denen er zahlungsverpflichtet ist. Der Abzugsverpflichtete braucht keine Erhebungen darüber anstellen, ob die Person, der gegenüber er zahlungsverpflichtet ist, steuerlich Zurechnungsempfänger der Einkünfte ist. Das ist insbesondere in Fällen von Bedeutung, in denen mehrere Personen Zurechnungsempfänger (zB Miteigentümer, Bewirtschafter) sind, aber nur eine Person dem Abzugsverpflichteten gegenüber auftritt und die Zahlungsabwicklung übernimmt.

Die Verordnung sieht eine besondere Informationspflicht für Fälle vor, in denen mehrere Personen oder Einrichtungen als Empfänger der Einkünfte in Betracht kommen und der Abzugsverpflichtete nicht gegenüber jeder einzelnen von ihnen zahlungsverpflichtet ist, insbesondere weil erhaltene Zahlungen vom Empfänger weitergegeben werden. In derartigen Fällen muss der Abzugsverpflichtete von der Person oder Einrichtung, der gegenüber er zahlungsverpflichtet ist, über diesen Umstand informiert werden. Der Abzugsverpflichtete hat die erhaltene Information in der Anmeldung bei der Person oder Einrichtung anzuführen, deren Daten er übermittelt. Die konkreten Empfänger brauchen dabei nicht offen gelegt zu werden.

Beispiel:

Ein von einem Leitungsrecht betroffenes Grundstück steht im Miteigentum der Personen A, B, C, D, E und F. Die Zahlung aus Anlass der Einräumung des Leitungsrechtes betrifft Einkünfte, die diesen Personen zuzuordnen sind. Dem abzugsverpflichteten Energieversorgungsunternehmen gegenüber tritt aber nur A als Vertragspartner auf. A gibt die auf die übrigen Miteigentümer entfallenden Anteile der Zahlung an diese weiter.
A muss das abzugsverpflichtete Energieversorgungsunternehmen darüber informieren, dass noch andere Personen als Einkünfteempfänger in Betracht kommen. Er braucht ihre Namen nicht zu nennen. Das Energieversorgungsunternehmen übermittelt für A die einbehaltene Abzugsteuer mit dem Vermerk, dass A gemeldet hat, dass noch andere Personen als Einkünfteempfänger in Betracht kommen.
Sollte A die Regelbesteuerung beantragen, ist für das Finanzamt erkennbar, dass A nicht allein Einkünfteempfänger ist und dementsprechend die einbehaltene Abzugsteuer auch nicht zur Gänze bei ihm anzurechnen ist.
Sollte E die Regelbesteuerung beantragen, ist für das Finanzamt erkennbar, dass E keine Abzugsteuer zugeordnet ist, weil E in der Anmeldung nicht erfasst ist. Im Verfahren vor dem Finanzamt ist daher zu klären, wie hoch der auf E entfallende Anteil der Einkünfte und der auf diese Einkünfte entfallenden Abzugsteuer ist, die in der Anmeldung dem A zugeordnet ist.

8207lDer Abzugsverpflichtete haftet nur für die Entrichtung ( § 107 Abs. 6 EStG 1988). Im Gegensatz zur KESt, bei der der Abzugsverpflichtete für die Einbehaltung und Abfuhr haftet ( § 95 Abs. 1 EStG 1988), ist die Haftung auf die Abfuhr einer einbehaltenen Abzugsteuer beschränkt. Eine Festsetzung mittels Haftungsbescheid gegenüber dem Abzugsverpflichteten kommt daher nur insoweit in Betracht, als Abzugsteuer einbehalten, aber nicht abgeführt wurde.

Beispiel:

Der Infrastrukturbetreiber A entschädigt B für die Einräumung eines Leitungsrechtes mit 5.000 Euro (exklusive USt). Unter Einbehalt der Abzugsteuer (500 Euro) werden 4.500 Euro an B ausbezahlt. Der Infrastrukturbetreiber führt in Bezug auf die von A einbehaltene Abzugsteuer nur 300 Euro ab. Die unmittelbare Inanspruchnahme des B gemäß § 107 Abs. 10 Z 1 EStG 1988 kommt sachverhaltsbezogen nicht in Betracht. Für den nicht entrichteten Betrag von 200 Euro haftet der Infrastrukturbetreiber.

Wird Abzugsteuer in einem zu niedrigen Betrag einbehalten, kommt insoweit die Geltendmachung einer Haftung nicht in Betracht; Gleiches gilt, wenn die Einbehaltung zu Unrecht unterblieben ist. In derartigen Fällen ist der Steuerschuldner mit Abgabenbescheid in Anspruch zu nehmen ( § 198 BAO iVm § 107 Abs. 10 Z 1 EStG 1988).

Beispiel:

Der Infrastrukturbetreiber C entschädigt die natürliche Person D für die Einräumung eines Leitungsrechtes mit 10.000 Euro (exklusive USt). Durch einen Fehler des C wird die Abzugsteuer nicht in Höhe von 10%, sondern in Höhe von 8,25% einbehalten (825 Euro). An D werden somit 9.175 Euro ausbezahlt. C führt 825 Euro an Abzugsteuer für D ab.
Eine Haftungsinanspruchnahme des C für den nicht eingehobenen Betrag von 125 Euro kommt nicht in Betracht. Dieser Betrag ist D gemäß § 107 Abs. 10 Z 1 EStG 1988 vorzuschreiben. Da C für die richtige Einbehaltung nicht haftet, ist die Haftung ihm gegenüber rechtlich nicht durchsetzbar, sodass der Steuerschuldner D in Anspruch genommen werden kann. Mit der Entrichtung dieses Betrages ist für D die Abgeltungswirkung verbunden (entsprechend § 107 Abs. 9 EStG 1988).

8207mFehler iZm der Umsatzsteuer haben auf den Steuerabzug keine Auswirkung. Solange die Abzugsteuer nicht abgeführt wurde, führt eine Gutschrifts- bzw. Rechnungsberichtigung dazu, dass die Abzugsteuer in richtiger Höhe abgeführt werden kann.

Nach Abfuhr der Abzugsteuer ist eine zu niedrige Abzugsteuer dem Einkünfteempfänger gemäß § 198 BAO iVm § 107 Abs. 10 Z 1 EStG 1988 vorzuschreiben. Einen zu hohen Steuerabzug kann (nur) der Einkünfteempfänger im Wege der Steuerveranlagung oder eines Antrages gemäß § 240 BAO ausgleichen.

Beispiele:

  1. Die Entschädigung beträgt 10.000 Euro, die USt wird mit 0% angegeben. Es werden 9.000 Euro ausbezahlt und Abzugsteuer (10%) in Höhe von 1.000 Euro einbehalten und abgeführt.
    Danach stellt sich heraus, dass der richtige USt-Satz 20% beträgt.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
31.03.2023
Betroffene Normen:
§ 95 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 31 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 107 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 95 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 198 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 107 Abs. 10 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 107 Abs. 10 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 107 Abs. 9 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 240 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 107 Abs. 11 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 240 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 11 Abs. 12 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Stammfassung:
06 0104/9-IV/6/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76448