Richtlinie des BMF vom 22.03.2005, 06 0104/9-IV/6/00
4 Gewinnermittlung - Allgemeine Vorschriften (§§ 4 und 5 EStG 1988)
4.1 Gewinn, Betriebsvermögen, Betriebsvermögensvergleich
4.1.10 Betriebsvermögen

4.1.10.3 Unterscheidung Betriebsvermögen - Privatvermögen

4.1.10.3.1 Allgemeines

455In die Gewinnermittlung dürfen nur Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens einbezogen werden. Wirtschaftsgüter des Privatvermögens dürfen nicht berücksichtigt werden.

4.1.10.3.2 Wirtschaftliches Eigentum

456Für die Zugehörigkeit eines Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögen ist nicht das zivilrechtliche Eigentum, sondern das wirtschaftliche Eigentum maßgebend (siehe Rz 123 ff).

4.1.10.3.3 Beginn der Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen

457Die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen beginnt idR mit (entgeltlichem oder unentgeltlichem) Betriebserwerb, Anschaffung, Herstellung, Einlage oder unentgeltlichem Erwerb eines einzelnen Wirtschaftsgutes.

Eine bloß vorübergehende Nichtverwendung eines Wirtschaftsgutes vor Beginn der tatsächlichen betrieblichen Nutzung steht der Beurteilung als (notwendiges) Betriebsvermögen nicht entgegen. Von einer solchen vorübergehenden Nichtverwendung des Wirtschaftsgutes kann aber jedenfalls nur dann die Rede sein, wenn der Abgabepflichtige ernsthaft darum bemüht ist, das aus betrieblichen Gründen augenblicklich nicht betrieblich verwendbare Wirtschaftsgut so bald als möglich der nach Art des Wirtschaftsgutes in Betracht kommenden betrieblichen Nutzung zuzuführen (VwGH 13.9.1988, 87/14/0162; VwGH 22.4.1999, 94/15/0173).

458Bei einer bloß kurzfristigen betrieblichen Nutzung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens werden diese noch nicht zum notwendigen Betriebsvermögen. Wird ein Zubau mehrere Jahre allein für betriebliche Zwecke (als Lagerraum und Werkstätte) genutzt, so gehört dieser Zubau zum notwendigen Betriebsvermögen, auch wenn ursprünglich geplant war, den Zubau (privat) als Pferdestall zu nutzen und diese Absicht - nach mehrjähriger betrieblicher Nutzung - in die Tat umgesetzt wurde (VwGH 25.2.1997, 96/14/0022).

459Auch ein noch nicht fertig gestelltes und daher noch nicht benutzbares Wirtschaftsgut kann zum notwendigen Betriebsvermögen eines Unternehmens gehören (zB im Bau befindliches Fabriksgebäude, im Bau befindlicher Hochofen). In Zweifelsfällen kommt es auf die Absicht des Betriebsinhabers an (VwGH 11.10.1957, 1176/54).

4.1.10.3.4 Folgen der Zugehörigkeit von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen

460Ist ein Wirtschaftsgut dem Betrieb zuzuordnen, so sind die mit diesem Wirtschaftsgut in Zusammenhang stehenden Einnahmen und Ausgaben steuerlich zu erfassen (Betriebseinnahmen bzw. Betriebsausgaben).

461Einer teilweisen privaten Verwendung des Wirtschaftsgutes ist in Form der Entnahme Rechnung zu tragen (Nutzungsentnahme), ohne dass das Wirtschaftsgut selbst aus dem Betriebsvermögen ausscheidet.

462Bei Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens stehen - auch bei teilweise privater Verwendung - alle steuerlichen Begünstigungen zu, die die Betriebsvermögenseigenschaft voraussetzen (zB der Investitionsfreibetrag), es sei denn, dass Sonderbestimmungen wie § 10 Abs. 5 EStG 1988 oder § 12 Abs. 3 EStG 1988 dies ausschließen.

463Eine Folge der Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen ist auch, dass Wertänderungen von Wirtschaftsgütern steuerwirksam werden, zB durch Vornahme der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8 EStG 1988) bzw. bei Teilwertabschreibung (§ 6 Z 1 und 2 EStG 1988).

464Eine bloß vorübergehende Nutzung eines Wirtschaftsgutes des Betriebsvermögens für Zwecke eines anderen Betriebes (und auch für private Zwecke) nimmt diesem Wirtschaftsgut grundsätzlich nicht die Eigenschaft als Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens dieses Betriebes (VwGH 6.5.1980, 0442/79). Umgekehrt werden jeweils nur kurzfristig gewerblich verwendete Wirtschaftsgüter dadurch noch nicht Betriebsvermögen des Gewerbebetriebes (VwGH 27.4.1977, 0936/76; VwGH 21.10.1986, 84/14/0054). Bei einer 3,5-jährigen privaten Verwendung einer Eigentumswohnung kann von einer bloß vorübergehenden oder kurzfristigen nichtbetrieblichen Nutzung grundsätzlich nicht mehr gesprochen werden. Eine anders lautende Beurteilung käme allenfalls beim Vorliegen besonderer Begleitumstände in Betracht, wenn etwa die Durchführung der Umbauarbeiten seitens des ausführenden Unternehmens vereinbarungswidrig und wesentlich verzögert wurden und bereits von vornherein die Absicht der weiteren betrieblichen Verwendung als Dienstwohnung nach Fertigstellung der Bauarbeiten eindeutig feststand.

4.1.10.3.5 Ausscheiden von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen

465Die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen endet durch (entgeltliche oder unentgeltliche) Betriebsübertragung, Betriebsaufgabe, weiters durch Veräußerung, Zerstörung, Diebstahl, Unterschlagung oder durch Entnahme eines einzelnen Wirtschaftsgutes und zwar unabhängig davon, ob der Buchwert ausgebucht wird.

466Wird die betriebliche Nutzung von Wirtschaftsgütern vorübergehend oder auf Dauer eingestellt, dann bleibt das Wirtschaftsgut bis zu seinem tatsächlichen Ausscheiden dennoch notwendiges Betriebsvermögen, solange es nicht privat genutzt und damit entnommen wird (VwGH 28.3.1990, 86/13/0182). Daher bleiben unbrauchbar gewordene, bereits völlig abgeschriebene oder veraltete Wirtschaftsgüter oder nicht genutzte Konzessionen bis zur Entnahme bzw. Veräußerung Betriebsvermögen (VwGH 25.4.1952, 0928/51; VwGH 28.9.1976, 1356/76; VwGH 28.3.1990, 86/13/0182).

467Wird ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens veräußert, so ist dieser Vorgang zur Gänze steuerpflichtig, auch wenn eine anteilige Privatnutzung vorliegt (VwGH 29.1.1975, 1919/74; VwGH 10.7.1996, 96/15/0124; VwGH 10.7.1996, 96/15/0125).

4.1.10.3.6 Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen bei mehreren Betrieben eines Steuerpflichtigen

468Besitzt ein Steuerpflichtiger mehrere Betriebe, so gehört ein Wirtschaftsgut zum Betriebsvermögen jenes Betriebes, dem es dient oder dem es zu dienen bestimmt ist. Dient es mehreren Betrieben desselben Steuerpflichtigen, so ist es dem Betriebsvermögen jenes Betriebes zuzurechnen, dem es überwiegend dient. Das Wirtschaftsgut kann daher in einem solchen Fall nur dem Betriebsvermögen eines der mehreren Betriebe zugerechnet werden (VwGH 26.11.1991, 91/14/0188).

Beispiel:

Ein Lastkraftwagen dient dem Betrieb A zu 40%, dem Betrieb B zu 30% und dem Betrieb C zu 30%. Der Lastkraftwagen gehört zum Betriebsvermögen des Betriebes A. Dort stehen auch die Investitionsbegünstigungen zu.

Bei gleichmäßiger Nutzung in verschiedenen Betrieben (ein Lastkraftwagen wird in zwei Betrieben zu jeweils 50% verwendet) hat der Steuerpflichtige ein Zurechnungswahlrecht. AfA und laufende Aufwendungen sind entsprechend der Nutzung in den einzelnen Betrieben dort Betriebsausgaben. Bei jenem Betrieb, dem das Wirtschaftgut zuzurechnen ist, wird eine AfA vermindert um eine Nutzungsentnahme im Ausmaß der in anderen Betrieben erfolgten Nutzung angesetzt.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
22.03.2005
Betroffene Normen:
§ 6 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 10 Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 12 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Schlagworte:
Wirtschaftliches Eigentum - Privatvermögen - Privatnutzung - mehrere Betriebe.
Stammfassung:
06 0104/9-IV/6/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76448